Das Projekt PRIMA (2023–2025) ist erfolgreich ausgelaufen. Zum Schluss bildete noch eine Präsentation in Hamburg einen Höhepunkt. Ziel des Projekts war es, evidenzbasierte, raumtypenspezifische Planungsgrundlagen für integrierte Mobilitätsangebote im Bedarfsverkehr zu entwickeln. In Anlehnung an bestehende Initiativen wurde eine systematische Betrachtungsweise für das Zusammenspiel von ÖV und Bedarfsverkehr erarbeitet. 

Zwei Jahre lang widmeten sich Rosinak&Partner, Salzburg Verkehr, Mobyome und das Studio iSPACE Planungsgrundlagen für Mobilitätsangebote im Projekt PRIMA. Die neuen Planungsansätze wurden mit der Umsetzung des Tennengau Shuttles getestet – einem integrierten Angebot aus ÖV-Grundversorgung und ergänzendem Mikro-ÖV. Auf Basis verschiedener Merkmale wurden Raumtypen für Bedarfsverkehr GIS-gestützt modelliert, um raumtypenspezifische Erfolgsfaktoren zu identifizieren. So kann untersucht werden, wo welche Angebote wirtschaftlich sinnvoll sind und das bestehende ÖV-Angebot ergänzen können. Mithilfe kleinräumiger Indikatoren wurde die Planung und Umsetzung integrativer ÖV-Angebote (ÖV + Mikro-ÖV) unterstützt. 

Zum Projektende stellten Madita Mostetschnig von Salzburg Verkehr und Senior Researcher Stefan Herbst PRIMA gemeinsam in Hamburg vor. Ende Mai fand dort die Fachtagung für On-Demand-Verkehr statt. Mit ihrem Beitrag zeigten sie die Projektergebnisse mit Schwerpunkt auf die Umsetzungen in Salzburg.

Zusammenspiel von ÖV und Bedarfsverkehr

Analysen zur Linien-ÖV-Versorgung (Stand 09/2023) zeigen, dass rund 20 % der Bevölkerung keinen zumutbaren Zugang zum ÖV haben. Im ländlichen Raum verfügen weitere 50 % lediglich über eine Basiserschließung (Güteklassen F und G). Für diese Gruppen kann ein ergänzendes Mikro-ÖV-Angebot einen wichtigen Beitrag im Sinne einer Mobilitätsgarantie leisten. Allerdings variiert der Bedarf an Mikro-ÖV sowie dessen optimale Ausgestaltung je nach Region erheblich und erfordert daher, vor allem bei einer Differenzierung der Planung von Bedarfsverkehren nach strategischen Zielstellungen, eine raumtypenspezifische Betrachtung. 

Kennzahlen und Raumtypen für Bedarfsverkehr

In PRIMA wurden räumliche Indikatoren entwickelt, um die Mobilitätsnachfrage zu beschreiben und dem aktuellen ÖV-Angebot gegenüberzustellen. Dies unterstützt die Planung integrierter und sich ergänzender Mobilitäts-lösungen aus ÖV und Mikro-ÖV.       
Untersuchte Kennzahlen:

  • Nachfragepotenzial (Einwohner:innen + Einpendler:innen)
  • Weitere Nachfrageindikatoren (Demografie, Auspendler:innen, Tourismus)
  • Siedlungsstruktur, Zentralität, Erreichbarkeit
  • Aktuelles Angebot (Takt, Verkehrsmittel, hochrangige Haltestellen in der Nähe)
  • Unterversorgtes Nachfragepotenzial (absolut/relativ)

In einem mehrstufigen Verfahren wurden mithilfe ausgewählter Indikatoren Raumtypen mit ähnlichen Voraussetzungen für die Mobilitätsplanung gebildet. Durch die kombinierte Betrachtung von Raumtypen, bestehenden Bedarfsverkehren (bedarfsverkehr.at) und deren raumbezogenen Anforderungen kann untersucht werden, welche Betriebsformen sich für welche Raumtypen besonders gut eignen. Dadurch lassen sich gezielte Handlungsempfehlungen für Gemeinden und Regionen ohne Mikro-ÖV-System ableiten. Die Darstellung der Merkmale erfolgte zunächst auf Gemeindeebene (vgl. Abbildung).

Wo liegt der Schlüssel zum Erfolg im Bedarfsverkehr?

Um raumtypenspezifische Erfolgsfaktoren ableiten zu können, wurden die modellierten Raumtypen zu drei Gemeindetypen zusammen-gefasst und nach Zielen (Mobilitätswende oder Daseinsvorsorge), Faktoren wie der regionalen Einbettung, und dem touristischen Potenzial unterschieden.

In der Auseinandersetzung mit bestehender Literatur, die sich dem Thema erfolgreicher Bedarfsverkehre widmet, wurde festgestellt, dass es hier große Lücken im Forschungsstand gibt. Deshalb wurden im Projekt weitere Erfolgsfaktoren (Daten von bestehenden Systemen auf bedarfsverkehr.at) identifiziert. Es entstand eine Liste von insgesamt 25 Erfolgsfaktoren, welche in einem Expert:innenworkshop sowie Interviews diskutiert und evaluiert wurden.  Der interaktive Erfolgscanvas von PRIMA kann auf bedarfsverkehr.at gemeinsam mit dem Handbuch On-Demand genutzt werden.

Integration in Planungsprozesse

Die prototypische und übertragbare Modellierung von Raumtypen für den Bedarfsverkehr auf Basis räumlicher Daten zeigt, wo welcher Bedarf besteht und wie viel Potenzial für Bedarfsverkehre vorhanden ist. Die Ergebnisse auf Gemeindeebene können in einen strategischen, evidenzbasierten Planungsprozess einfließen.

Zur Unterstützung konkreter Planungsmaßnahmen wurden Indikatoren zu Angebot und Nachfrage auch auf kleinräumiger Ebene (z. B. Nachfragegebiete, Rasterzellen – siehe Abbildung) entwickelt. Die Umsetzbarkeit und Übertragbarkeit wird anhand von Testregionen in Salzburg und außerhalb erprobt.

Mit der prototypischen Integration in die Planungs- und Umsetzungsprozesse des Salzburger Verkehrsverbundes (ÖV + Bedarfsverkehr) lassen sich wertvolle Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen ableiten. Die Arbeiten erfolgen in Abstimmung mit regionalen und nationalen Strategien und Standards (BMK, AustriaTech, ÖROK, Land Salzburg, Verkehrsverbünde etc.). Abschließend wurde auch eine prototypische Umsetzung für die Region Attersee-Nord realisiert und mit den relevanten Akteuren in Oberösterreich eine mögliche Integration in Prozesse des Verkehrsverbunds Oberösterreich diskutiert.

Die Verbreitung und Verwertung der Projektergebnisse außerhalb der Pilotregion wird durch eine zielgruppenspezifische Aufbereitung sichergestellt – beispielsweise durch Indikatorenblätter für Gemeinden, die Integration von Datenschichten in digitale Plattformen oder durch Unterlagen für Planungen, Beratungen und Workshops (alle Unterlagen sind hier zu finden).

 

Umsetzung integriertes ÖV-Angebot im Tennengau

Der Salzburger Verkehrsverbund (SVG) hat einen mehrstufigen Prozess zur Einführung von Mikro-ÖV-Systemen entwickelt – von der Planung bis zur Inbetriebnahme. Ziel sind nachfrageorientierte Systeme, die den Linienverkehr ergänzen. Vorab erhalten Gemeinden und Regionalverbände eine Erstinformation, in der das Mikro-ÖV-Angebot vorgestellt wird. Wird das Konzept als sinnvolle Ergänzung bewertet, startet der Umsetzungsprozess.

Bereits in den ersten Phasen – der Erhebung des ÖV-Bestands und der Potenzialanalyse – spielen die in PRIMA entwickelten Planungsindikatoren eine zentrale Rolle. Sie bilden die Grundlage für das bedarfsgerechte Verkehrs- und Betriebskonzept, das als Basis für die Ausschreibung dient.

Auf Basis der PRIMA Planungsgrundlagen hat der SVG kürzlich ein integriertes Mobilitätsangebot (ÖV + ergänzender Mikro-ÖV) namens „Tennengau Shuttle“ in den Gemeinden Adnet, Krispl, Oberalm und Puch bei Hallein geplant und umgesetzt. Seit Dezember 2024 sind zwei Achtsitzer-Fahrzeuge montags bis sonntags von 6 bzw. 8 bis 22 bzw. 24 Uhr im Einsatz.

Bedient werden alle bestehenden Haltestellen sowie über 60 neue Mikro-ÖV-Haltestellen, die gezielt platziert wurden, um zusätzliches Nachfragepotenzial zu erschließen. Das Shuttle kann für Fahrten innerhalb der Region genutzt werden oder als Zubringer zum Linien-ÖV, etwa mit Ziel Bahnhof Hallein.

Während des laufenden Betriebs ermöglichen die entwickelten Planungsindikatoren kontinuierliche Optimierungen sowie eine mögliche Ausweitung des Angebots. Aufgrund des positiven Nutzerfeedbacks und der hohen Nachfrage in den ersten Betriebsmonaten wird bereits über eine Ausweitung des Angebots diskutiert.

Fazit

Das Forschungsprojekt PRIMA hat neue, evidenzbasierte Planungsansätze für Bedarfsverkehr und Betrachtungsweisen für das Zusammenspiel mit dem ÖV entwickelt, um die integrierte Planung von Angeboten zu unterstützen. Durch GIS-gestützte Raumtypisierung und detaillierte Erfolgsfaktoren lassen sich nachfrageorientierte Mobilitätslösungen für unterschiedliche Regionen ableiten. Die erfolgreiche Umsetzung des Tennengau Shuttles zeigt, wie integrierte Mikro-ÖV-Angebote gezielt zur Verbesserung der Erreichbarkeit beitragen können. Die gewonnenen Erkenntnisse bieten eine wertvolle Grundlage für die strategische Planung und den Ausbau nachhaltiger Mobilitätslösungen in weiteren Regionen.

Dieser Text erschien im Original als PRIMA-Newsletter.

Unser Partner Salzburger Verkehr

Gefördert wurde PRIMA von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG und dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) im Rahmen der 1. Ausschreibung zum Thema Mobilität (FFG) im Frühjahr 2022 („Regionen: ländliche Räume mobilisieren und nachhaltig verbinden“).